Aus Freundschaft


Ein scheinender Rubin inmitten schwärzester Nacht. Hell und klar blinkend ziert weißes Kristall die finstere Flüssigkeit. Roter Wein. Wie er meinen Gaumen grausam in bitteren und zähen Wellen liebkost. Das Licht einer einzigen Kerze. Die einzige überlebende im Kampf der Dunkelheit gegen das Licht.
Die Nacht siegt über den Tag. Und es ist gut, denn zu sehen ist ein Fluch. Kaum einer erkennt dies. Jeder wehrt sich mit aller Kraft gegen die Wirklichkeit. Wie könnt ihr all dies hinnehmen, als sei es ein kleines Versehen. Welchen Schaden wollt ihr noch anrichten, bevor ihr eure eigenen Worte versteht. Schritt für Schritt dem letzten Tor entgegen. Nur Gleichgültigkeit nimmt mir den stetig wachsenden Wahnsinn tief in meiner Seele. Mein liebster Satz hallt in leeren Hallen wie das große Amen der letzten Predigt eines Christen: Ihr habt es so gewollt.
Mein Freund. Habe ich jemals zu schätzen gewußt was du für mich bedeutest ? Heute wirst du es sehen. Heute werden wir unsere Freundschaft für immer besiegeln. Blut läßt sich nicht von meiner Seele waschen wie Worte. Ich schenke dir heute, was ich seit Jahren ersehne.
Seit Stunden hallt kein Wort mehr in diesem Raum. Stumm wetzt ein alter Kiesel über den schartigen Stahl. Genau wie du sende ich all meine Liebe in den heiseren Gesang meines Schwertes.
Eisiger Regen im frühen Winter glänzt im diffusen Wiederschein des Asphalts. Klirrende Klingen durchschneiden die Zeit, und mit ihr das schwere Tuch nächtlicher Stille. Fröhlich werden Funken gleißenden Stahls in die Finsternis entsandt um ihr jähes Ende zu finden noch bevor sie den Boden erreichen. Schwer und Geräuschvoll steigt der Atem aus den scheinbar so lebendigen Körpern in grauen Schwaden empor. Wir sind nicht mehr alleine.
Harmlose Gedanken Schaulustiger dringen in mein Herz. Bedrohliche Zufriedenheit läßt mich ungestellte Fragen kommentieren: Es ist wie immer. Ihr wiegt euch in erfundener Sicherheit während ihr nicht einen Schimmer davon habt, was vor euren Augen passiert. Ein kurzer Augenblick, in dem du deinem Traum entfliehst um zu sehen. Dein Fehler ? Deine Absichten ? Wollte ich leben oder liebe ich dich nur so sehr um dir den Sieg zu schenken ?
Ich hätte so gerne gewußt wie das ist, wenn ein kaltes Schwert durch meine Organe wandert. Ich kann dich nicht mehr Fragen, aber vielleicht werde ich eines Tages jemanden finden, der mich zu lieben lernt und der keinen Moment unachtsam ist, bis ich mit meinem Blut den Asphalt tränke.
Kurze Momente von wirklicher Wärme durchschnitten von kalten, blauen Blitzen. Die Schaulustigen sind entsetzt. Die soeben eingetroffenen Herren werden mich fortbringen. Aber all dies spielt nun keine Rolle mehr. Wohin hätte ich denn gehen sollen und vor allem: Wozu ?
So gehe ich wieder in die Kälte zurück, gewärmt vom Entsetzen und angewidert vom Unverständnis des Menschen. Und wenn wir uns eines Tages wiedersehen, fangen wir wieder von vorne an, denn ich glaube nicht, daß es dort, wo du nun bist besser ist als hier.

     
   
     
  Hier eine Kurzgeschichte von B. C. Bahnsen